Der Verdauungstrakt beherbergt das Mikrobiom
07.10.2025

Unser Super-Organ(ismus):
Das Mikrobiom

Zuletzt aktualisiert: 07.10.2025

Warum ist ein gesunder Darm so wichtig? Die Darmflora bildet sich mit der Zeit dazu aus, das menschliche Immunsystem zu unterstützen und trägt somit dazu bei Krankheitserreger in Schach zu halten. 

Am besten gelingt eine Abwehrreaktion, wenn sich im Darm viele unterschiedliche Darmbakterien tummeln.

Sowohl auf unserer Körperoberfläche, im Urogenitaltrakt, auf unseren Schleimhäuten als auch in unserem Verdauungstrakt findet sich eine Vielzahl an Mikroorganismen, das sogenannte Mikrobiom. Hierzu zählen Archaebakterien, Bakterien, Viren, Pilze und verschiedene Einzeller. Die Anzahl dieser “Darmmitbewohner” ist deutlich höher als die Zahl unserer Körperzellen. Die Zahl der Bakterien nimmt vom Dünndarm zum Dickdarm hin zu. Je nach dem auf welchen Abschnitt im Verdauungstrakt man schaut, finden sich dort unterschiedliche Bakterienpopulationen.

Die Darmbakterien haben einen extremen Einfluss auf unsere Leistungsfähigkeit.

Ob es sich bei diesen Mikroorganismen um leistungsfördernde oder leistungsmindernde Populationen handelt, lässt sich durch körperliche Bewegung und die individuelle Nahrungszusammensetzung beeinflussen.

Durch Medikamente (wie Kortison und Antibiotika), Stress, Alkoholkonsum, eine ungünstige Ernährungsweise mit häufigem Einsatz von Süßstoffen und Zuckeralkoholen, welche oftmals in energiereduzierten Light-Produkten zu finden sind, wird das Darmmikrobiom angegriffen.
Das bedeutete, dass die eben aufgezählten Störfaktoren ein Ungleichgewicht der Darmbakterien (Dysbiose) oder sogar eine Besiedelung mit ungünstigen bzw. pathogenen Bakterienpopulationen begünstigen.

Man kann das Mikrobiom als eigenes Organ betrachten, das metabolische, endokrine, protektive und strukturelle Aufgaben hat. 

So unterstützen uns die Mikroben bei der Verdauung, bestimmen wie die Kalorien verwertet werden, bilden Neurotransmitter, stellen dem Körper Energie und Vitamine zur Verfügung und modulieren das Immunsystem. 

Somit sind die Mikroorganismen des Darms maßgeblich am Energie- und Kohlenhydratstoffwechsel beteiligt.

Die Wirkung von Training auf das Mikrobiom

Neben der Ernährung hat auch Bewegung einen Einfluss auf die Zusammensetzung des Mikrobioms. Generell führt Bewegung dazu, dass sich das Mikrobiom aus einer größeren Anzahl unterschiedlicher Bakterienpopulationen zusammensetzt. Die Summe aller Bakterienpopulationen nennt man Biodiversität.

Um weitere Einflussmöglichkeiten auszuschließen müssen zusätzliche Untersuchungen erfolgen. 

Bewiesen ist jedoch, dass die Mikroben durch Bewegung für eine verstärkte Bildung von kurzkettigen Fettsäuren (SCFAs: short-chain fatty acids) sorgen. Durch die vermehrte Bildung von Butyrat (SCFA) wird das Immunssystem positiv beeinflusst.

Jedoch sollte bei körperlich sehr anstrengendem Training darauf geachtete werden, dass die Trainingsintensität nicht zu hoch ist. Bei extremer Belastung kann es zu einer Minderdurchblutung im Darm kommen, wodurch Symptome wie Bauchschmerzen und -krämpfen, Übelkeit und Durchfall ausgelöst werden können. 

Folglich wird bei übermäßigem Training das Mikrobiom eher geschädigt als gefördert. Somit ist die Trainingsintensität zu berücksichtigen.

 

Die Stressantwort und das Mikrobiom

Symptome, an denen man eine zu starke körperliche Belastung erkennen kann, sind beispielweise Abgeschlagenheit, Leistungseinbruch, Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Gewichtsverlust und erhöhte Infektanfälligkeit. 

Neuere Untersuchung zeigen, dass der Verdauungstrakt auf Stress mit einer vermehrten Ausschüttung von Hormone wie Gamma-Aminobuttersäure (GABA), Neuropeptid Y (NPY) und Dopamin reagiert. 

Durch diese hormonelle Reaktion können Verdauungsstörungen, Angstgefühlen, Depressionen, verringerter Stressresistenz und reduzierter Nahrungsaufnahme gefördert werden. 

Durch physischen sowie psychischen Stress kann es zudem zur Freisetzung von Lipopolysacchariden (LPS) aus dem Darm kommen. Lipopolysaccharide lösen wiederrum Immun- und Entzündungsreaktionen aus, wodurch es zu einer erhöhten Durchlässigkeit des Darms kommt.

Die erhöhte Durchlässigkeit wird auch durch die Verlagerung des Blutflusses vom Gastrointestinaltrakt weg und die erhöhte Körpertemperatur beim Sport gefördert. 

Als Folge kann man, abhängig von der Intensität und der Art der Bewegung, Verdauungsstörungen, wie zum Beispiel Übelkeit, Erbrechen und Durchfall beobachten.
 

 

Makronährstoffe und Mikrobiom

Man geht davon aus, dass unsere Vorfahren wöchentlich an die 150 verschiedene Nahrungsbestandteile aufnahmen. Heute sind es oft weniger als 20 und diese dazu noch verarbeitet und industriell veredelt. 

Diese Einschränkung der Nahrungsvielfalt hat wiederum Konsequenzen in Bezug auf die Mikroben-Diversität mit dem Risiko einer Dysbiose.

Es konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass die Mikrobiom-Vielfalt wichtig für die Bildung von Muskelglykogen ist, da sie unter anderem die Expression des Natrium-Glukose-Cotransporter 1 und Signalmoleküle wie die G-Protein-gekoppelten Rezeptoren beeinflusst.

Die Darmbakterien im Dickdarm ernähren sich hauptsächlich von unverdaulichen Nahrungsfasern (Ballaststoffen), die sich ausschließlich in pflanzlichen Nahrungsmitteln befinden. Daneben werden aber auch Kohlenhydrate verwertet, die im Dünndarm durch eine Verdauungsstörung (bspw. Laktoseintoleranz) nicht verdaut werden konnten. 

Einzelne Bakterienformen verwerten auch Aminosäuren, zum Teil in Kombination mit Kohlenhydraten, zur Energiegewinnung. Auch verschiedene Fettsäuren haben einen Einfluss auf das Mikrobiom. Hier sind die Auswirkungen aber noch wenig bekannt.

Proteine, Kohlenhydrate und Co.

Bezüglich der Wirkung von Hoch-Protein-Diäten auf das Mikrobiom sind die Untersuchungsergebnisse noch sehr widersprüchlich. Es gibt einige Untersuchungen, die aufzeigen, dass die bakterielle Verstoffwechslung von Aminosäuren zu Ammoniak, biogenen Aminen, indolischen und weiteren chemischen Verbindungen führt. 

Dies verstärkt wiederum die Entzündungsreaktion sowie die Durchlässigkeit von Gewebe und kann weitere Erkrankungen bis hin zu Krebs fördern. Man weiß aber auch, dass die gleichzeitige Aufnahme und Verstoffwechslung unverdaulicher Kohlenhydrate (Ballaststoffe) durch die Darmbakterien die soeben geschilderten Effekte abschwächen. Hier zeigt sich, dass man die Effekte im Gesamtkontext betrachten muss.

Verdauliche Kohlenhydrate selbst spielen für Sportler in der Energiebereitstellung und Regeneration eine große Rolle. Sie dämpfen das Stresshormonlevel, haben aber keinen großen Einfluss auf das Mikrobiom. 

Betrachtete man den Nährstoff Fett, geht es vor allem darum, die optimale Menge an essenziellen Fettsäuren aufzunehmen. Zu den essenziellen Fettsäuren zählt man die Omega-3-Fettsäuren. Diese Fettsäuren findet man vor allem in pflanzlichen Ölen wie Oliven-, Raps-, oder Walnussöl.

Die enthaltenen Fettsäuren haben eine anti-entzündliche Wirkung auf den gesamten Organismus und somit auch auf die Darmintegrität.

Der Schlüssel: die Ballaststoffe

Der entscheidende Faktor für eine hohe Diversität des Mikrobioms sind Ballaststoffe. Ballaststoffe finden sich vor allem in Vollkornprodukten, Gemüse, Hülsenfrüchten, Obst und Nüssen. Angeraten ist also eine Ernährungsweise, die viele pflanzliche Lebensmittel enthält.

Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) empfiehlt hier eine Mindestmenge von 30 Gramm pro Tag. 

Eine eingeschränkte Ballaststoffzufuhr führt zu einer geringeren Anzahl an verschiedenen Bakterienpopulationen im Dickdarm und damit verbunden zu einer geringeren Bildung von antimikrobiellen Substanzen und kurzkettigen Fettsäuren. Als Folge kann es vermehrt zu Entzündungen und einer schlechteren Aktivierung des sympathischen Nervensystems kommen.

Für Athleten ist es empfehlenswert, die Ballaststoffzufuhr an intensiven Trainings- und Wettkampftagen zu reduzieren, da es ansonsten möglicherweise zu einem aufgeblähten Bauch, Magenverstimmungen und damit verbunden Leistungseinschränkungen kommen kann.

Sportler sollten nicht nur auf die für ihre jeweilige Disziplin erforderliche Energiezufuhr und Makronährstoffverteilung achten, sondern in der Basisernährung unbedingt auch auf eine ausreichende Ballaststoffzufuhr. Dadurch werden eine hohe Diversität des Mikrobioms und eine größere Anzahl an gesundheitsförderlichen Bakterienpopulationen gewährleistet und eine höhere Leistungsfähigkeit gefördert. 

Dabei ist es aber unbedingt erforderlich, bei der Menge an Ballaststoffen die Trainingsintensitäten und geplanten Wettkampftage zu berücksichtigen, da es sonst zu Beeinträchtigungen durch Verdauungsbeschwerden kommen kann.

Generell ist bei einer Ernährungsumstellung auf eine ballaststoffreiche Kost auf eine schrittweise Einführung von ballaststoffreichen Nahrungsmitteln zu achten. 

 

Quelle: shape UP 2/21, ergänzt durch eigene Recherchen.
Abbildung: sdecoret / stock.adobe.com

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